Krankenversicherung für Gewerbetreibende, Neue Selbständige & Bauern
Unter dem Begriff "Mehrfachversicherung" versteht man das Vorliegen mehrerer Pflichtversicherungen nach einem oder auch nach mehreren Gesetzen.
- Wann besteht Mehrfachversicherung in der Krankenversicherung?
Mehrfachversicherung in der Krankenversicherung besteht in zwei Fällen:
- wenn Sie innerhalb eines Kalenderjahres gleichzeitig oder hintereinander mehrere versicherungspflichtige Erwerbstätigkeiten ausüben.
- wenn Sie innerhalb eines Kalenderjahres versicherungspflichtige Pensionen bzw. Ruhe-/Versorgungsgenüsse (z.B. Beamtenpensionen) beziehen.
Sie können daher gleichzeitig nach dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz (ASVG), Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz (B-KUVG), dem Gewerblichen Sozialversicherungsgesetz (GSVG) und dem Bauern-Sozialversicherungsgesetz (BSVG) (also mehrfach) krankenversichert sein.
Beispiele:
- Ein Gewerbetreibender, der auch einer unselbstständigen Beschäftigung nachgeht, ist nach dem GSVG und nach dem ASVG krankenversichert.
- Ein Bauer, der auch ein Gewerbe betreibt, ist sowohl nach dem GSVG als auch nach dem BSVG krankenversichert.
- Welche Vorteile hat die Mehrfachversicherung in der Krankenversicherung für Sie?
Sie können bei jedem Versicherungsfall wählen, aus welcher Krankenversicherung Sie Ihre Leistungen in Anspruch nehmen wollen.
Einige Geldleistungen aus der Krankenversicherung (z.B. Wochengeld, Krankengeld) können Sie grundsätzlich aus jeder Versicherung beziehen.
Besonderheit im GSVG:
Durch den Eintritt der Mehrfachversicherung geht eine zuvor bestandene Geldleistungsberechtigung verloren. Sie können jedoch einen „Optionsantrag“ stellen.
- Wie werden die Beiträge berechnet?
Die Beitragsgrundlage wird in jeder Versicherung aufgrund der jeweiligen Bestimmungen einzeln berechnet. Ausgangsbasis dafür sind grundsätzlich immer die Einkünfte aus der versicherten Tätigkeit.
Besonderheit im GSVG:
Bei Mehrfachversicherung kann die sonst im GSVG vorgesehene Mindestbeitragsgrundlage unterschritten werden. Das gilt nur für Mehrfachversicherung in Kombination mit dem ASVG und dem B-KUVG. Außerdem ist die Beitragsleistung insgesamt mit der Höchstbeitragsgrundlage begrenzt.
- Wie werden die Beiträge bei niedriger GSVG-Beitragsgrundlage berechnet?
Sind Sie mehrfach versichert (ASVG und GSVG), kann Ihre GSVG-Beitragsgrundlage die vorgesehene GSVG-Mindestbeitragsgrundlage unterschreiten. Werden Sie zum Beispiel steuerlich nicht veranlagt oder erzielen Sie einen Verlust aus Ihrer selbständigen Tätigkeit, müssen Sie keine GSVG-Beiträge zahlen, wenn Ihre ASVG-Beitragsgrundlage bereits die GSVG-Mindestbeitragsgrundlage erreicht.
- Was passiert bei Überschreitung der Höchstbeitragsgrundlage?
Die Beitragsleistung pro Kalenderjahr ist insgesamt mit der Höchstbeitragsgrundlage begrenzt. Die individuelle Höchstgrenze wird errechnet, indem die monatliche Höchstbeitragsgrundlage (EUR 7.070,00 im Jahr 2024) mit der Gesamtanzahl der Pflichtversicherungsmonate im jeweiligen Jahr multipliziert wird. Wird diese „Jahreshöchstbeitragsgrundlage“ in Summe überschritten, erhalten Sie zu viel bezahlte Beiträge in jedem Fall zurück.
- Was ist die „Differenzbeitragsvorschreibung“?
Wird die Höchstbeitragsgrundlage (voraussichtlich) überschritten, veranlasst die SVS automatisch eine „Differenzbeitragsvorschreibung“. Dabei gilt die Rangordnung ASVG/B-KUVG vor GSVG/FSVG vor BSVG. Ausgehend von der(den) vorrangigen Beitragsgrundlage(n) wird die nachrangige Beitragsgrundlage vorläufig in einer Höhe festgesetzt, die voraussichtlich das Überschreiten der Höchstbeitragsgrundlage ausschließt; es kommt also von vornherein zu einer (teilweisen) Befreiung von der Beitragspflicht.
Differenzbeitragsvorschreibung und Unterschreitung der Mindestbeitragsgrundlage werden von der SVS automatisch durchgeführt bzw. festgestellt, und zwar sowohl gleich im laufenden Beitragsjahr als auch im Nachhinein, sobald alle Versicherungszeiten und Beitragsgrundlagen feststehen.
Sobald alle beteiligten Beitragsgrundlagen endgültig festgestellt sind, wird die Differenzvorschreibung überprüft. Eventuell kann es dadurch noch zu Nachforderungen bzw. Rückzahlungen kommen. Höhere Nachforderungen können sich vor allem daraus ergeben, dass bei der endgültigen Differenzbeitragsvorschreibung auf die jährliche Höchstbeitragsgrundlage Bedacht zu nehmen ist.
Beispiel:
Ein Selbständiger verdient als Angestellter monatlich EUR 3.000 (= EUR 42.000 im Jahr). Die Jahresbeitragsgrundlage aus der selbständigen Tätigkeit macht weitere EUR 37.400 aus. Die Summe aus beiden Beiträgen (EUR 79.400) liegt über der Höchstbeitragsgrundlage von EUR 75.180,00.
Bei der Differenzbeitragsvorschreibung rechnen wir folgendermaßen: EUR 75.180,00 - EUR 42.000 = EUR 33.180.
Die Beitragsgrundlage aus der selbständigen Tätigkeit beträgt EUR 33.180 statt EUR 37.400.
- Was ist die Beitragserstattung?
Kann eine Differenzbeitragsvorschreibung ausnahmsweise nicht durchgeführt werden (z.B. wenn eine Beschäftigung nach dem ASVG mit einem Pensionsbezug nach dem GSVG oder BSVG zusammentrifft), werden über die Höchstbeitragsgrundlage hinaus entrichtete Beiträge im Nachhinein (bis zum 30. Juni des Folgejahres) automatisch in voller Höhe erstattet (rückgezahlt).
Achtung: Aufgrund der automatisch durchgeführten Differenzbeitragsvorschreibung kommt es nur mehr in Ausnahmefällen zu Beitragserstattungen.
Steuerrechtlicher Hinweis
Kommt es zu einer Beitragsrückzahlung aufgrund einer Mehrfachversicherung bei gleichzeitiger unselbständiger Erwerbstätigkeit sind wir zur Übermittlung eines Lohnzettels an das zuständige Finanzamt verpflichtet.